Der Tod ist ein Ausatmen auf das kein Einatmen folgt. Es ist ein Gehen, ein Übergang der sich langsam und dennoch plötzlich vollzieht. Es ist ein magischer Moment, ein Moment der berührenden Stille, ein Moment erfüllt von hellstem strahlendem Licht. Es ist vollbracht.
Ein Leben hier auf Erden ist gelebt worden und es ist eine Entscheidung getroffen worden, diese Welt zu verlassen, um einzugehen in etwas Größeres. Diese Entscheidung kann nur der zu Gehende treffen. Sie ist schwer zu fällen. Vieles ist loszulassen, man geht in dem Wissen Trauer, Verlust und Tränen bei seinen Angehörigen zu hinterlassen. Ängste sind zu überwinden, alte Prägungen und Blockaden kommen an die Oberfläche sowie die Todesangst selbst, die vielleicht ein ganzes Leben lang bereits ein guter alter Wegbegleiter war.
Es ist schwer einen Menschen in dieser Phase seines Lebens zu begleiten. Es gibt hier nichts zu tun, außer ihm eine Hand zu reichen und da zu sein für ihn. Wie eine Mutter für ihr Baby da ist, wenn es sich verletzt hat, es hält und wiegt und ihm versichert: „ Es wird alles gut.“ Auch für einen zu Gehenden wird alles gut, nur für seine Umwelt, die er zurücklassen muss eben nicht. Hier entsteht ein Konflikt den der Sterbende auch zu tragen hat und ihm den Abschied schwer macht.
Zu viele Gefühle und Emotionen von allen Beteiligten wollen gesehen und gehört werden. Umso berührender ist es, wenn die Entscheidung getroffen ist ein letztes Mal auszuatmen.
In diesem Moment küssen sich Himmel und Erde. Ein Frieden senkt sich nieder, die Stille die entsteht ist fast schon zu hören, wenn man sich berühren lässt von diesem Moment ist man überwältigt von seiner Sanftheit, von der Liebe und seiner Schönheit die in ihm steckt. Man wird eingesaugt in die Einheit selbst und in die tiefste Verbundenheit mit allem was ist. In diesem Zustand schwinden alle Ängste, alle Ideen und Vorstellungen über das Leben und den Tod und man kann nur noch einstimmig mit Platon sagen: „ Ich weiß, dass ich nichts weiß“, sein Haupt neigen und niederknien vor dem Leben selbst, das im Moment des Todes so sichtbar wird wie im Moment der Geburt, wenn durch ein neues Lebewesen das Leben selbst auf die Welt kommt.
Der Weg bis zum letzten Atemzug ist ein sehr persönlicher und individueller. Manchmal kann er ganz kurz sein aber manchmal ist es ein Prozess der durch Krankheit und Schmerzen führt und dann wieder ist es ein ganz natürlicher Prozess, der am Ende eines langen erfüllten Lebens steht. Mit Cranio sacralen Biodynamik ist es möglich einen Sterbenden auf seinem Weg zu begleiten.
Der Prozess beginnt meist schon Monate vor dem letzten Atemzug, wenn die Kräfte beginnen zu schwinden und alltägliche Dinge wie zum Beispiel sich waschen, essen, trinken nicht mehr selbständig ohne Hilfe erledigen werden können, wenn man nach der Nahrungsaufnahme erschöpft einschläft. Wenn plötzlich Ängste da sind oder Erinnerungen von der Kindheit aufsteigen.
Cranio so wie ich sie praktiziere bietet Menschen in dieser Phase einen Raum des angenommen seins, des gehalten Werdens und des Verständnisses, das über das sichtbare und hörbare hinausgeht. Durch die achtsame und sanfte Berührung können Sterbende wieder Halt in ihrem Körper finden, der ihnen auch Sicherheit gibt. Sie können Mut und Kraft schöpfen und vor allem Vertrauen in das Leben gewinnen. Denn ohne Vertrauen in das Leben wagen wir es nicht den letzten Schritt zu gehen. Ohne Vertrauen beginnt ein Kind nicht zu krabbeln oder zu gehen. Am Ende des Lebens werden wir wieder zu Babys und wir brauchen genau das wieder was ein Baby braucht. Nähe, Einfühlungsvermögen, Verständnis, Hilfe um Emotionen und Gefühle zu regulieren und ganz viel Sicherheit, dass alles gut wird.
Cranio hilft auch Angehörigen sich mit dem Abschied auseinanderzusetzten, Kraft zu tanken und sich selbst wieder zu spüren und Vertrauen in die Prozesse des Lebens zu gewinnen, sowie den Mut aufzubringen sein Leben neu auszurichten. Denn, geht es den Angehörigen gut, so überträgt sich dies auf den der Abschied nimmt.
Auf die Geburt eines Babys bereiten wir uns auf die unterschiedlichsten Arten vor. Auf den Tod bereiten wir uns nicht vor, der überrumpelt uns all zu oft. Wahrscheinlich, weil er uns mit unseren eigenen Ängsten, mit unseren eigenen Vorstellungen vom Leben und mit unseren Prägungen konfrontiert. Lassen wir dies alles zu, und werden wir uns unserer Vorstellungen von Leben und Tod bewusst so können wir reich beschenkt und tief berührt werden. Auch hier ist Vertrauen in das Leben zu gewinnen unumgänglich. Denn, nur wenn man Vertrauen in die immerwährenden Prozesse des Lebens hat, kann jemanden auch gehen lassen, in dem Wissen: „ Es ist gut, es ist vollbracht.“
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