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Renate Konrad

Nikolaustag, Zeit danke zu sagen


Heute gedenken wir dem Heiligen Nikolaus aus Myra. Kinder werden beschenkt mit Nüssen, Äpfel und Mandarinen und hie und da mit einem kleinen Spielzeug. Früher als ich noch Kind war, kam der Nikolaus ins Haus und hat uns Kinder gefragt, ob wir das Jahr über eh schön brav waren und er las in seinem großen Buch all unsere guten Taten und weniger guten Taten vor. Auf dieser Grundlage bekamen wir dann unsere Geschenke.


Wenn ich mir heute überlege was hinter diesem Brauch wohl steht, so geht es ums Annehmen, ums Beschenkt-werden.

Vom Nikolaus?

Nein, vom Leben.


Das gesamte Jahr über erhalten wir Geschenke, die uns das Leben sozusagen vor die Füße legt. Nehmen wir diese an? Nicht immer.

Erkennen wir diese immer? Wohl kaum.


Jene Geschenke, die wir als angenehm empfinden und die unsere Wünsche befriedigen, nehmen wir an.

Jedoch, bedanken wir uns dafür angemessen? Kaum, denn viel zu oft nehmen wir sie als selbstverständlich und als gegeben hin.


Doch wie sieht es mit jenen Geschenken aus, die wir erhalten und die uns gar nicht behagen? Eine Kündigung, eine Krankheit, ein Streit, ein Unfall, eine Krise oder sonst etwas, das unser normales Leben aus den Fugen geraten lässt. In solchen Momenten denken wir vielleicht wie sehr uns das Leben bestraft und wenn wir dies nicht denken, so versuchen wir alles um diese Gegebenheit zu bekämpfen und unser Leben wieder ins rechte Lot zu bringen. Das ist sehr anstrengend und kostet uns ganz schön viel Kraft. Was jedoch daraus erwächst, welche neuen Einsichten und welche neuen Fähigkeiten sich dadurch in uns ausbilden, sehen und erkennen wir jedoch nicht. Bedanken tun wir uns natürlich auch nicht dafür, wieso denn auch?


Aber genau um das geht es heute, meiner Meinung nach, auch. Um das Erkennen, um das Besinnen und Zurückblicken auf das letzte Jahr, um uns zu bedanken für all das, was wir erhalten haben. Auch um jenes, dessen Schönheit und Gewinn wir bisher vielleicht noch nicht erkannt haben oder noch nicht sehen können. Vielleicht erkennen wir heute, dass wir bisher in die falsche Richtung geblickt haben. Dass wir nach den großen Geschenken Ausschau gehalten haben und die kleinen unscheinbaren nicht bemerkt, oder jene als nebensächlich erachtet haben.


Denn, wie sieht es mit jenen kleinen Momenten, in denen wir staunend vor einer Apfelbaumblüte gestanden sind oder das Summen der Bienen voller Begeisterung genossen haben, aus? Oder den Geschmack des ersten Gänseblümchens auf unserem Gaumen geschmeckt haben? Oder jenen Momenten, in denen wir völlig selbstverloren in einer Berührung versunken sind? Oder mit all jenen Gefühlen, die wir heuer vielleicht zum ersten Mal gefühlt haben oder in einer neuen Qualität erlebt haben wie Wut, Freude, Verbundenheit, Liebe, Traurigkeit oder Lebendigkeit?

Sind sie nicht auch alles Geschenke, die uns im Gegensatz zu all den Großen tief in unserem Herzen und in unserer Seele berühren und uns heimholen zu uns selbst, in unsere Mitte, in unsere Menschlichkeit?


Ich glaube, dass es eines der schwierigsten Dinge für uns Menschen ist, beschenkt zu werden und von diesen Geschenken uns tief berühren zu lassen. Denn ein Geschenk zu überreichen und eines durch unsere Hände entgegenzunehmen ist die äußere Form von empfangen. Dies können wir alle wunderbar. Doch zu spüren und zu erkennen wo diese Geste, dieses Geschenk und die dahinterliegende Zuneigung in einem landet, ist schon viel schwieriger. Genau hier wird es jedoch spannend.


Können wir die Zuneigung eines anderen annehmen, sie fühlen und uns davon tief berühren lassen und dann noch authentisch darauf reagieren?


Ja, wir können dies, werden viele sagen.


Nein, wir können es nicht sage ich.


Warum behaupte ich das?


Weil wir vielfach den Kontakt zu unserem Inneren, zu unserer Menschlichkeit und zu unserem unversehrten inneren Wesen verloren haben. Es vielfach nicht kennen oder es nur intellektuell erfassen können.


Was hat dies alles nun mit dem beschenkt-Werden zu tun? Ganz viel, weil genau in unserem Inneren der Ort ist, an dem uns Geschenke berühren und es ist unsere Menschlichkeit, unser unversehrtes inneres Wesen, die darauf die adäquate Antwort und Reaktion haben. So erkennt unsere Menschlichkeit und unser unversehrtes inneres Wesen in Situationen des Leids das Geschenk, das in solchen herausfordernden Zeiten liegt. Sie wissen wie wir mit Krisen und Herausforderungen umgehen können. Unsere Menschlichkeit in uns zu erkennen, sie zu spüren und sie in uns und in unserem Leben handeln zu lassen, sind Geschenke, die uns das Leben schenkt und für die wir unendlich dankbar sein können.


So ist heute eine gute Zeit, Bilanz zu ziehen. Zu erkennen welche Geschenke noch unbeachtet vor unserer Türe liegen und für welche wir bisher noch kein freundliches oder dankendes Wort übriggehabt haben.


So ist heute eine gute Zeit, mit offenen Händen und dankendem Herzen das Leben anzunehmen und "Ja" zu sagen zum Leben. Ja, zu sagen zu all den Herausforderungen, an denen wir tagtäglich wachsen dürfen und durch sie unsere Kreativität ausleben dürfen und so erkennen dürfen wie lebendig und stark wir doch sind.


So ist heute eine gute Zeit, für eine tiefe Verneigung vor uns selbst und dem Wunder, das wir sind und so uns selbst zu danken für das Geschenk, das wir für unsere Mitmenschen und für die Welt sind.


So sage ich heute dir danke, liebe Leserin und Leser.


Danke für dein Sein, für dein Leben und für das Wunder, das du bist und für all die Wunder, die durch dich in diese Welt kommen.

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