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Karfreitag und die Bewertung


Bewertung wird auf der einen Seite zu Verurteilung und auf der anderen führt sie zu Überhöhung. Beides bedeutet Ausschluss aus der Gemeinschaft und Tod. Dies ist das Schlimmste, das einem Menschen passieren kann. Jahr für Jahr wird uns zu Ostern diese Kaskade vor Augen geführt, in der Passionsgeschichte.


Jesus kommt am Palmsonntag nach Jerusalem, wo er gefeiert und bejubelt wird, um nur wenige Tage später an ein Kreuz geschlagen zu werden, um so über alle erhöht zu werden.


Unter welchem Gesichtspunkt wir Ereignisse, Erlebnisse und Erfahrungen sehen und somit einordnen, hängt von unserem inneren Bewertungssystem ab. Automatisch teilen wir die Welt in ein Gut und in ein Böse. Dies geschieht auf der Grundlage der Dualität, unserer Werte und unserer familiären, gesellschaftlichen und kollektiven Normen. In der Dualität liegt keine Bewertung. Aus ihr ziehen wir jedoch unsere Werte, die unsere Vorlieben und Abneigungen abbilden. Verlangen wir, bewusst oder unbewusst, dass ein anderer unsere Werte übernimmt, wird auf der einen Seite etwas unterdrückt und auf der anderen Seite bilden sich Normen aus. Diese haben die Macht die Sichtweise, Meinung, Haltungen und das Wertsystem einer Gesellschaft auszubilden. Dadurch entsteht Zusammenhalt, Orientierung und Sicherheit für jeden einzelnen. Teilt nun einer die allgemein gültigen Sichtweisen, Werte und Meinungen nicht, oder beginnt diese kritisch zu hinterfragen, erntet dieser zu meist Kritik, Hohn, Spott oder er wird belächelt, ignoriert und mundtot gemacht.


Jesus wird verurteilt, weil er gegen die Sichtweise der Hohenpriester aufbegehrt, diese teilweise richtigstellt und hinterfragt. Er ist jemand, der tief verwurzelt mit den natürlichen Rhythmen ist und den Ruf in sich spürt, nach diesen zu leben. So stößt er auf ganz natürliche Art und Weise auf festgesetzte Normen und rüttelt an der Sicherheit, der Orientierung und dem Halt, den diese den Menschen geben. Das kommt nicht gut an. Das kommt auch heute nicht gut an. Noch heute werden andersdenkende und andershandelnde Menschen diffamiert und dadurch ausgestoßen und verurteilt.


Bei jeder Verurteilung stirbt etwas ab. Sei es ein Menschenleben, ein innerer Anteil, eine Begabung, ein Talent, ein Bedürfnis, ein Wunsch, eine Vision, ein Gefühl oder ein Wort, eine Idee, ein Gedanke usw. Wir treten auf das zu Verurteilende, verspotten es und Geiseln es. Zum Schluss erhöhen wir es, damit alle Welt sehen kann, was es ist, das so schandhaft und nicht der Norm entspricht und somit zu verurteilen ist. Dabei belächeln wir es, fordern es noch einmal heraus, um ihm wenig später endgültig den Todesstoß zu verpassen.


Ist die Passionsgeschichte Jesus wirklich nur eine Geschichte, die vor so vielen Jahren in einem entfernten Land stattgefunden hat, oder erkennen wir sie in uns selbst wieder? Die auf das Recht pochenden Hohenpriester, das jubelnde und das mordlüsterne Volk, Judas den Verräter und Petrus, den Verleugner, die ruhigen und stillen Frauen, den Richter und die Soldaten. Wir tragen sie alle in uns. Tag täglich ereignen sich die Ereignisse von Ostern in uns. Beobachten wir nur für einen halben Tag lang unsere Gedanken und Emotionen, so erleben wir Ostern nicht nur einmal sondern unzählige Male in nur wenigen Stunden. Jede Verurteilung, die wir bewusst oder unbewusst, laut oder leise, in Gedanken oder als Gefühl aussprechen, lässt die Ostergeschichte in uns wieder auferstehen.


Wollen wir aufhören mit den ständigen Bewertungen, so müssen wir in unsere Mitte kommen, in die Balance und gut verwurzelt mit uns, der Erde und der Welt sein. In diesem Zustand sind wir verbunden mit den natürlichen Rhythmen. In dieser Verbindung fallen alle Bewertung, alle Normen und Sichtweisen von uns ab. In dieser Verbindung erkennen wir, dass alle Sichtweisen, Meinungen, Haltungen und Werte Teil eines größeren Ganzen und somit Ausdruck dieses größeren Ganzen sind.

In der Mitte ruhend, können wir mit Jesus sagen: „Vater, vergib ihnen sie wissen nicht was sie tun." Luc.23,33


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Karfreitag und die Bewertung

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