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Renate Konrad

Erkenntnissuche, eine Schutzstrategie?


Spirituelle Entwicklung, geistiges Wachstum, posttraumatisches Wachstum und Bewusstseinserweiterung Schlagworte, die ein und dasselbe meinen und generell als erstrebenswert, heilend und friedensstiftend angesehen werden. Doch sind sie das wirklich oder steckt hinter ihnen nicht eher eine weitere unerkannte Schutzstrategie, mit einer unstillbaren Sehnsucht nach Sicherheit und mit dem Versprechen am Ende des Weges im Paradies zu landen?


Bereits zu Zeiten von Adam und Eva schaffte es Eva nicht, der Verlockung zu widerstehen, nach dem verbotenen Apfel am Baum der Erkenntnis zu greifen und von ihm zu essen und ihn weiterzureichen. Noch heute sind wir Menschen bestrebt Erkenntnisse zu gewinnen, mehr an Wissen anzuhäufen und die Welt immer mehr und mehr in ihrer Vielfalt und Komplexität zu verstehen und zu begreifen. Wissenschaftler tun dies in ihren Labors, Denker in ihren Arbeitszimmern, spirituelle Menschen in der Meditation und Forscher vorwiegend in der freien Natur. Doch warum begnügen wir uns nicht mit dem Zustand und dem Wissensstand in dem wir uns befinden? Es scheint, als ob so etwas wie ein Motor in uns existiere, der uns permanent antreibt, mehr von der Welt und dem Leben zu erfahren. So etwas wie eine Sehnsucht nach Erkenntnis, die niemals gestillt wird. So etwas wie ein Suchen, das sich niemals findet oder so etwas wie ein Streben, das im Greifen des Himmels den Boden verliert.


Warum kann in der Erkenntnis eine unstillbare Sehnsucht nicht gestillt werden, die Suche nach dem Sinn nicht beendet werden und das Greifen nach dem Himmel keine Befriedigung schenken? Jede Erkenntnis schenkt Antworten, aber sie öffnet viele neue Türen, die weitere Fragen hervorbringen, neue Sichtweisen aufwirft und somit unsere Sicht auf die Welt auf den Kopf stellt. So jagen wir von einer Erkenntnis zur nächsten, wie auf einem Pfad, dessen Weg wir erst frei legen müssen, in der Hoffnung hinter der nächsten Biegung unser Ziel, die Zufriedenheit zu finden.


Bleiben wir mal stehen und halten mal inne und beobachten wir einmal was wir tun! Wir laufen weg, wir sind getrieben und wir hecheln hinter einer Vision her, von der wir keine Ahnung haben ob sie uns je unsere Hoffnungen erfüllen wird. Gut, wir machen viele Erfahrungen, die positiv zu bewerten sind, die uns mehr und mehr kennen lernen lassen, die uns das Wesen des Lebens, des Menschen und der Welt mehr und mehr begreifen lassen. Doch was bringen all diese Erkenntnisse, wenn sie nicht dort landen wo sie landen sollten? Was bringen diese, wenn sich unser Leben nicht merklich verändert? Was bringen diese, wenn wir in unserem Alltag wie einbetoniert feststecken und keinen Schritt nach vorne kommen? Was bringen all die Erkenntnisse, wenn wir sie dazu benutzen andere Menschen, Völker, Rassen, die Natur und das Leben damit unterdrücken, missbrauchen und bekämpfen? Sie dienen unserem Ego und damit niemanden dies auffällt und am wenigsten uns selbst, drehen und wenden wir unsere Erkenntnisse und positiv meinenden Gedanken und Haltungen soweit, bis sie in das Bild unserer Vorstellung von der Welt passen. Das ist Manipulation. Je weniger diese auffällt, umso besser ist sie und sind wir.


Diese Art von Erkenntnis ist keine Heilung und schenkt keine Einblicke in das Leben. Sie ist ein zurechtrücken von gemachten Erfahrungen, die wir nicht verstanden haben und ein Fliehen vor dem Leben selbst. Somit ist diese Art der Erkenntnisgewinnung ein Selbstschutz, der uns vor weiteren Verletzungen schützt. Welche Verletzungen dies sein können sind mannigfaltig. In der Suche nach neuen Tierarten kann die Angst vor dem Tod liegen, ebenso die Erforschung des Alls kann von einer Todesangst angetrieben sein, so wie die Erforschung neuer Medikamente, Düngemittel und Saatgut. „Warum tun wir etwas, was wir tun?“, wäre eine Frage um herausfinden zu können welche tieferliegenden Motivationen hinter der Suche nach weiterer Erkenntnis steckt. Vielfach werden wir Antworten finden, die mit Angst zu tun haben, oder das große Thema der Sicherheit berühren. Der Suche nach Sicherheit liegt das Bestreben inne, dem Tod zu entkommen. Die Angst vor dem Tod untergräbt das Urvertrauen. Dieses benötigen wir jedoch um innezuhalten, loszulassen und anzunehmen was uns vom Leben geschenkt wird. Fehlt das Urvertrauen ist die Verbundenheit mit dem Leben, den natürlichen Rhythmen und dem Wesen des Lebens zerrissen. Erkenntnisse, die uns nicht wider das Urvertrauen und die Verbundenheit spüren lassen und wiederherstellen lassen, sind Erkenntnisse, die uns von uns selbst, von anderen und der Natur noch weiter wegbringen. Ein scheinbarer Teufelskreis öffnet sich, ein Dilemma aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint.


Doch ich glaube, dass es den gibt. Der Ausweg führt durch unseren Körper. Beginnen wir unseren Körper mit all seinen Regungen und Funktionen anzunehmen und all die Körperempfindungen wieder zu fühlen, zu spüren und wahrzunehmen, dann haben wir das beste Messwerkzeug der Welt in Händen. Ein Messwerkzeug, das uns durch Empfindungen, durch Gefühle, Emotionen und durch das Wahrnehmen unserer Körperenergie sehr deutlich zeigt, ob eine Erkenntnis dem größeren Ganzen, sprich dem Leben, dem Urvertrauen und der Verbundenheit, dienlich ist oder ob sie die Angst und dem Bedürfnis nach Sicherheit eine vorübergehende Lösung anbietet. In der Wiederherstellung des Urvertrauens und der Verbundenheit findet die Angst sowie die Unsicherheit Halt und eine Heimat. Bergen sie sich darin, beenden sie die Suche und ihre verzehrende Sehnsucht erlischt.


Stellt unser Körper ein Messwerkzeug für unseren Geist dar, so ist die Natur mit all ihren unzähligen Rhythmen und Kräfte das Messwerkzeug für die Wissenschaft. Dient eine Erkenntnis dem gesamten Ökosystem einer Region sowie der gesamten Welt, so fördert sie das Leben, dient der Nahrungskette und verbindet den Menschen wieder mit der Natur. Dient eine Erkenntnis jedoch nur einem kleinen Teil und schädigt sie einen anderen, so wird keine Verbundenheit wiederhergestellt und somit dient sie der Angst und stellt eine scheinbare Sicherheit für uns Menschen dar, die weitere Forschung, Entwicklungen und Erkenntnisse mit sich zieht.


Das Ende der Erkenntnissuche ist gekommen, wenn wir anfangen das Paradies zu erkennen, das uns umgibt und in uns ist. Wenn wir unsere Verletzlichkeit anerkennen und sie als Geschenk des Lebens an uns annehmen. Wenn wir erkennen, dass wir all unsere Glaubensätze, Prägungen, Vorstellungen, Muster und To Doos wie Schutzmauern vor unser wahres Wesen stellen. Wenn wir es wagen unsere Kleidung der Scham und der Anpassung, mit der wir unser wahres Wesen verhüllen, kostümieren und verstecken, ablegen. Wenn wir die Nacktheit unseres wahren inneren Wesens annehmen, lieben und achten, denn es ist das reine Leben und die pure Liebe.


Richten wir unseren Fokus wieder mehr auf das Leben, das wir sind und beginnen es in der Natur und in allen Lebewesen dieser Welt zu erkennen.

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