In wenigen Tagen ist es soweit. Wir feiern Weihnachten. Die Geburt Christi. Die Geburt eines Kindes, das über Jahrtausende gefeiert und auf einen Tron erhoben wird, vor dem wir uns niederknien und es anbeten. Es ist das Licht der Welt, hören wir von überall. Er ist der Weg und die Wahrheit, steht in der Bibel. Hirten und Könige ziehen zu ihm und huldigen ihn, das Baby in der Krippe. Er ist Gottes Sohn, der von seinem Vater auf die Erde gesandt wurde, um sie zu retten und den Menschen von einer lebendigen Beziehung zu Gott zuberichten, um ihnen die Liebe zu lehren und ihnen Vorbild zu sein.
So feiern Christen auf der gesamten Welt Weihnacht, das Geburtsfest Jesus, der als halb Gott und halb Mensch auf die Welt kam, wie christliche Theologen behaupten. Erst seit 1920 wird durch das Fest der Heiligen Familie auch der Familie gedacht, die durch die Geburt eines Kindes entsteht.
Ich habe es gefeiert, das Weihnachten der Christen, gewartet auf das Licht, das auch mich besuchen kommt und mir Licht schenkt, da wo es in mir dunkel ist. Ich habe das Kind in der Krippe angebetet, als Retter und Heiland angesehen und als Vorbild, dem ich folgen möchte, betrachtet.
Heute und Jetzt wird mir schlecht bei dem Gedanken an das Weihnachtsfest. Nichts im Außen hat sich verändert, in mir hat sich vieles gewandelt.
Ich weigere mich, das Kind in der Krippe zu loben und zu huldigen, während meine Kinder in Skiunterwäsche und einem heißen Tee in den Klassenzimmern frieren, während die Straßen in heller Vorfreude auf das Licht mit Weihnachtsbeleuchtung erleuchtet werden.
Ich weigere mich, auf das Licht zu warten, das zu Weihnachten durch das Christuskind auf die Welt kommen soll, wenn ich täglich erlebe, dass jeder einzelne Mensch Licht ist.
Ich weigere mich ebenso, auf das Licht Christi zu sehen, während wir als Gesellschaft das Licht in unseren Kindern weder sehen noch anerkennen. Viel eher stellen wir dieses Licht unter den Schäfel als auf den Tron und versuchen es mit unseren „altbewährten“ gesellschaftlichen Normen zu erlöschen.
Ich weigere mich, ein Kind anzubeten, während wir unseren Kindern das Kind-Sein austreiben und ihre Lebendigkeit und Menschlichkeit unterdrücken.
Ich weigere mich, das Kind in der Krippe zu loben, während unsere Kinder ihre natürliche Wesensnatur zu unterdrücken lernen und dafür von uns geloben werden.
Mir wird übel bei dem Gedanken, das Kind in der Krippe zu loben und gleichzeitig nehmen wir das Leben unzähliger Tierbabys, damit wir zu Weihnachten ein gutes Essen am Tisch stehen haben. Mir wird übel bei dem Gedanken, das Kind in der Krippe zu huldigen, während wir gleichzeitig Baumbabys schlachten und in unsere Wohnzimmer stellen, damit wir sie mit Licht schmücken können, nur weil wir verlernt haben das Licht in ihnen und in uns zu sehen.
Was für ein Hohn.
Jahr ein Jahr aus, feiern wir zu Weihnachten das, was uns täglich umgibt, dass wir jedoch lieber vergessen, verdrängen und missachten. Wir feiern die Geburt eines Kindes. Eines Kindes, das die Grenzen von uns engstirnigen Erwachsenen sprengt, das sich gesellschaftlicher Normen widersetzt, und das laut und quengelig seinen Bedürfnissen nachgeht. An das denken wir jedoch nicht zu Weihnachten. Wir wollen das ewig lachende Baby in der Krippe, die braven, folgsamen und stillen Kinder. Wir hüllen uns ein in den Schein von Harmonie und Glückseligkeit und wundern uns, dass wir es nicht schaffen dies herzustellen. Kein Wunder, wenn wir das Wesen unserer Kinder nicht sehen. Kein Wunder, wenn wir das Wesen von Tierbabys und Baumbabys nicht erkennen. Kein Wunder, wenn wir keine Achtung vor dem Leben haben. Kein Wunder, wenn wir das Leben nicht mehr spüren.
Wo ist die Achtung, der Respekt und die Huldigung geblieben? Die Hirten und die Könige machen es uns vor, sie knien vor dem Neugeborenen nieder und beschenken es mit den schönsten und teuersten Gaben. Wer kniet heute noch vor einem Neugeborenen nieder? Wer achtet heute auf das Licht und die Liebe, die jedes Neugeborene auf die Welt bringt? Wer huldigt heute die Familie als eine heilige Instanz? Wo ist der Respekt vor dem Leben geblieben? Die Demut vor den Wundern des Lebens und den Veränderungen, die solche Wunder vollbringen?
Damit ein Wunder auf die Welt kommen kann, braucht es Mutter und Vater, die Ja sagen. Eine Frau/ eine Weiblichkeit, die Ja sagt und bereit ist das Wunder in sich entstehen zu lassen, es zu halten, es zu nähren und es zu beschützen. Erst durch das Gebären kommt das Wunder auf die Welt.
Weihnachten heute, ist für mich dieses Gebären. Das Licht und das Leben, das in mir ist und das Wunder, das ich bin, austreten zu lassen und in die Welt scheinen zu lassen. Für eine Geburt braucht es Mut und so heißt es auch hier, mutig zu sein und der Welt das zu zeigen, was in einem vorhanden ist. Mut, auch das Dunkle in einem von dem Licht, das man ist, erstrahlen und erleuchten zu lassen. Verborgenes kommt dadurch zum Vorschein. Es möchte gehalten, genährt und beschützt werden, so lange bis es breit ist, gewandelt auf die Welt zu kommen. Dann neigen wir unsere Knie und unser Haupt und huldigen das Wunder, das geschehen ist aus uns selbst heraus, ganz automatisch.
Das ist Weihnachten für mich. Es ist ein Prozess der Integration, durch den wir menschlicher werden und so immer mehr und mehr unsere wahre Wesensnatur in die Welt gebären.
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