Die Grabesruhe, Stille, Einkehr und Ruhe. Alles dies liegt heute in der Luft. Die Ruhe vor dem Sturm, die Vorfreude auf das Fest. Wir, in der heutigen Zeit sind privilegiert, wir wissen was passiert. Wir kennen das Happy End der Geschichte. Jesus Auferstehung, mit der alles Gut wird. Das zumindest glauben und feiern Christen auf der ganzen Welt.
Plötzlich, öffneten sich die Augen der Menschen und sie erkannten in der Todesstunde, Jesus, als den geliebten Sohn Gottes. Gleichzeitig riss der Vorhang im Tempel entzwei. Klarheit setzt sich durch, das Chaos, die Verwirrung und die aufgeheizte Stimmung beruhigten sich schlagartig. Erkenntnis führte damals die Menschen zu sich. Es wurde ruhig. Stille, Betroffenheit und Trauer legten sich über die Bevölkerung von damals. Nur in einem solchen Zustand kann man über das vorgefallene Nachdenken, es verarbeiten und integrieren. Nur aus einem solchen Zustand heraus kann einige Zeit später auch Neues entstehen.
Jeder Prozess, jeder Streit und jede Heilung passieren auf diesem Prinzip. Öffnet man sich für das, was hinter oder unter der Oberfläche eines Streites oder einer Heilung geschieht, erkennt man, dass nur ein kleiner Funke, ein nebensächliches Wort, ein Blick oder eine Geste ausreichen, um Verwirrung, Manipulationen und Chaos zu beseitigen. Das ist die Magie des Lebens. Plötzlich wird es still. Alles was gerade noch so laut war verschwindet, wird ruhig und verliert an Bedeutung. Neuordnung und Integration finden statt, wenn wir es schaffen die Stille zuzulassen. Stille führt uns zu uns, plötzlich nehmen wir Dinge in uns und von uns wahr, die im Lärm der Welt untergehen. Versteckte Anteile, Abgespaltenes und tief Vergrabenes kann durch die Stille wachgerüttelt werden, weil sie gesehen und integriert werden wollen. Mut und Neugierde sind notwendig, um in der Stille zu bleiben.
Viel zu oft werden wir jedoch von ihr überwältigt. Wir fühlen uns ohnmächtig und ausgeliefert. Schutzmechanismen stellen sich ein. Wir gehen in Konfrontation, laufen weg oder erstarren. Wir müssen erst lernen mit der Stille zu sein. Zuerst müssen wir lernen sie auszuhalten. Langsam kann dieses dann übergeht in ein Halten, ein bewusstes Wahrnehmen ihrer Präsents in und um mich herum. Noch langsamer kann sich ein Vertrauen entwickeln, das mir ermöglicht mich in die Stille fallen zu lassen und mich von ihr halten zu lassen, das dann schleichend in ein Leben in Stille übergeht.
Stille ist ein Zustand in dem die ursprüngliche göttliche Ordnung wiederhergestellt wird. Es liegt viel Bewegung in der Stille, vieles wird verabschiedet und neu zusammengesetzt. Neues Leben entsteht daraus. Es sind die Kräfte der Schöpfung selbst in ihr enthalten. Freude, Friede, aber auch tiefes inneres Wissen, Überzeugung und Weisheit, sowie Verbindung mit allem was ist stellen sich ein. Sie drängen und verbinden uns mit der Welt, weil sie verströmt und geteilt werden wollen.
Jesus zeigte sich seinen Jüngern, tröstete sie und gesellte sich zu den Mahlzeiten zu ihnen. Im Moment des Brotbrechens erkannten sie ihn. Klarheit und Erkenntnis durchbrachen die Mauer der Traurigkeit und Verzweiflung und löste sie auf. Nach einem kurzen Moment der Stille und Neuordnung machten sich die Jünger voller Freude und Lebensenergie auf den Weg, um diese Erkenntnis in die Welt zu tragen.
Auch hier ist derselbe Prozess sichtbar. Zuerst sind Traurigkeit und Verzweiflung die Chaos und Orientierungslosigkeit mit sich bringen, vorhanden. Durch eine unscheinbare Geste wie das Brechen von Brot entstehen Klarheit und Stille, die Neues entstehen lassen. So erinnern und erfreuen sich Christen heute noch, in der Eucharistie, an diesem Wunder des Lebens.
Jedes Mal, wenn in der Stille die göttliche Ordnung wiederhergestellt wird, feiern wir eine Auferstehung. Wenn Getrenntes verbunden und vereint wird, und wenn aus dieser inneren Verbundenheit eine äußere wird, dann ist dies die Osterbotschaft, die sich Tag täglich wiederholt und uns mit dem Leben und der Liebe selbst verbindet, sodass wir voller Vertrauen dem Leben und seinem Ruf folgen können, in dem Wissen, dass alles seinen Sinn hat und wir jederzeit geliebt und beschützt sind, vom Leben selbst welches die Stille beheimatet.
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