Die Zeit zwischen der Wintersonnwende und Weihnachten ist die stillste Zeit im Jahr, sowie die dunkelste, zumindest in der Natur. In uns, in unserer inneren Welt, ist sie jedoch die hellste Zeit, wenn wir dies zulassen. Warum dies so ist, davon erzählt die Weihnachtsgeschichte der Christen.
Christen, auf der ganzen Welt feiern zu Weihnachten Jesus Geburt, das Licht, dass durch ihn auf die Welt kommt. Jesus ist für die Christen das Wichtiges, das Heiligste und das Wertvollste. Auf ihn baut der gesamte christliche Glaube. Somit ist er der Lichtbringer, der der die Wahrheit in die Welt bringt und der, der uns den Weg weist zu Gott seinem und unseren Vater.
Doch was bedeutet diese Geschichte für uns? Wenn Jesus der Schatz der Christen ist, was ist unser Schatz? Was legen wir in die Krippe, damit alle es sehen können und ihre Knie beugen, um es zu huldigen?
Wenn wir weiter gehen. Christen, legen ihren Schatz in die Krippe eines Stalls. Für Landwirte ist der Stall wertvoll, aber neben Könighäuser ist und bleibt er einfach, schlicht und ohne große Bedeutung. Noch dazu wird der Schatz, in der Erzählung, in die Dunkelheit und Kälte der Nacht gelegt. Dann, wenn alle schlafen und bis auf wenige es nicht mitbekommen.
Warum wird ein Schatz in die Dunkelheit gelegt, wo ihn keiner sieht? Warum in einen schäbigen Stall? Das kann doch nicht sein, dass Schätze so würdelos und respektlos behandelt werden? Oder ist es einfach nur ein Zeichen unseres Unvermögens Schätze wirklich anzunehmen, zu halten und dafür dankbar zu sein? Die nächste Frage drängt sich auf: „Ist dieses Phänomen nur im Christentum so, oder ist die Weihnachtsgeschichte eine Parabel, die jeden Menschen darauf hinweist auf den Schatz, den jeder Einzelne tief in sich in der Dunkelheit der Nacht vergraben hat?
Ich für meinen Teil meine, dass das Wertvollste, das wir Menschen haben, unser wahres natürliche Wesen ist. Es ist lichtvoll, voller Lebensfreude und Energie. Es ist kreativ und ist der Träger einer unverzerrten universellen Wahrheit und Intelligenz.
Jeder Mensch kommt damit auf die Welt und deswegen behaupte ich, dass wir pures Licht, das die Liebe in sich trägt und pures Leben sind, wenn wir auf die Welt kommen. Wie oft verneigen wir uns vor dem Leben und der Liebe im Allgemeinen? Wie oft huldigen wir das Leben und die Liebe, die wir sind? Wie oft würdigen wir das Leben und die Liebe in uns? Dazu werden wir jedoch seit Jahrtausenden zu Weihnachten angehalten…
Wie können wir jedoch der Weihnachtsbotschaft gerecht werden, wenn wir unser wahres Wesen in eine Krippe bei Ochs und Esel legen und die Türe verschließen?
Der Ochse steht für mich für die Kraft und die Macht, der Esel für die Willensstärke. So liegen unsere Macht und unsere Willensstärke neben unserem wahren Wesen eingeschlossen in der Dunkelheit unserer Innenwelt. Wir schließen sie ein, jeder Einzelne für sich, gesellschaftlich und kollektiv. Es ist ein unbewusster Vorgang, der einfach passiert in einer Welt, in der die
Menschheit, auf ihr wahres Wesen, ihre wahre Macht und auf ihre Willensstärke kollektiv vergessen hat.
Die frohe Botschaft, die wir jedes Jahr zu Weihnachten und zur Wintersonnwende hören und feiern ist, dass unser wahres Wesen und unser Licht da sind, dass sie in uns nach all den Jahren immer noch scheinen und in die Welt kommen möchten. Sie wollen befreit, gesehen, gehuldigt und gelobt werden.
So wird die Weihnachtsgeschichte zu einer Parabel, die uns, wie der Stern von Bethlehem, den Weg weist und dessen Licht wir, wie die Hirten in der Weihnachtsgeschichte, folgen können. Der Stern führt uns in unser Inneres, zu unserem inneren Stall, in dem die Krippe steht und in der unser wahres Wesen ruht. Begleitet werden die Hirten, sowie auch wir, durch die Gesänge der Engel.
Auch das Fest der Wintersonnwende, bei dem wir die Rückkehr der Sonne feiern, können wir als eine Erinnerung ansehen, die uns erinnert, dass tief in der Dunkelheit ein Schatz strahlt und auf uns wartet um von uns erkannt, gesehen und gehuldigt zu werden.
Der Weg zu unserem wahren Wesen, ist ein Weg durch die Dunkelheit. Nur das schwache Leuchten eines Sterns erhellt die Nacht, was tatsächlich nicht viel ist. Ängste und Unsicherheiten begleiten diesen Weg. Erst das Auftreten auf feste Erde schenkt uns die Sicherheit, dass der getätigte Schritt richtig und gut war. Richten wir unseren Blick ausschließlich auf den Weg, missen wir vielleicht den richtigen Weg. Der Stern leuchtet oben und so müssen wir den Kopf heben und erhabenen Hauptes durch die Dunkelheit schreiten. Wir brauchen Vertrauen in unsere Beine, die wissen wohin sie den nächsten Schritt setzen. Wir brauchen Vertrauen in unsere Intuition und in unsere Sinne, die Gefahren auf dem Weg erkennen. Das höchste aller Güter auf diesem Weg ist jedoch die Geduld.
Irgendwann stehen wir dann vor dem Stall, in dem die Krippe, mit unserem wahren Wesen, unserer Macht und unserer Willensstärke steht. Die schwierigste Aufgabe ist es nun die Türe zu öffnen. Was erwartet uns dahinter? Was kommt auf uns zu? Zukunftsängste gepaart mit Verlustängste lassen uns vor der Tür zögern. Vielleicht beginnt ein innerer Kampf, der uns zu zerreißen droht und uns den Stern nicht mehr sehen lässt. Zweifel kommen auf und wir sind nicht mehr sicher ob wir vor dem richtigen Stall stehen. Wie gut tut es, jemanden an seiner Seite zu haben, der/ die uns an der Hand nimmt und uns sagt. „Trau dich“.
Weihnachten kann eine solche Hand sein. Die Weihnachtsgeschichte erzählt uns, was hinter der Tür verborgen liegt. Sie erzählt uns ebenso, was wir zu tun haben. Sie versichert uns, dass die Engel im Himmel singen, sobald wir uns auf den Weg machen. Sie berichtet uns von dem Licht, das wir treffen werden. Sie bereitet uns auf dieses kleine verletzliche Wesen vor, das unser Wohlwollen, unsere Achtung und unsere Liebe braucht. Im Gegenzug schenkt es uns das Heil, die Liebe und das Licht. Auch davon berichtet die Weihnachtsgeschichte.
Öffnen wir die Tür, so befreit sich unsere Macht und unsere Willensstärke. Beide verleihen uns die Fähigkeit unser wahres Wesen in Empfang zu nehmen und uns von ihm berühren und verzaubern zu lassen. Sie verleihen uns auch die Fähigkeit unser wahres Wesen zu beschützen, es zu verteidigen und es sprechen zu lassen, wenn es was zu sagen hat. Sie verleihen uns auch die Fähigkeit unser wahres Wesen auf den Thron zu heben und es zu ehren, es zu huldigen und ihm zu folgen.
So verändert sich tatsächlich alles für uns. Wir sind wieder verbunden mit unserem wahren Wesen, dem Licht und der Liebe sowie mit dem Leben, das wir sind. So wird unser Leben zu dem Loblied, das die Engel uns bereits gesungen haben und uns mit auf den Weg gegeben haben.
So verschmelzen zu Weihnachten unsere beiden Hände zum Gebet und zum Dank, unser Verstand mit dem Herzen und unser Urteilungsvermögen mit der Intuition. In dieser Verschmelzung werden wir eins mit dem Licht und dem Leben. Und so knien wir mit den Hirten nieder und beugen unser Haupt vor dem Wunder, das sich in uns, um uns und durch uns täglich ereignet.
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